Der ehemalige Mozilla (Firefox) CEO Brendan Eich hat sich von Mozilla getrennt und mit einem 10-köpfigen Team einen neuen, auf Chromium (Google Chrome) basierenden Webbrowser mit dem Namen „Brave“ für Windows, Mac OS sowie Android und iOS vorgestellt. Der Browser ist im Moment als Beta-Version verfügbar.
Was Brave von anderen, bisherigen Browsern unterscheidet, ist dass er nicht nur alle Werbelemente und Tracking-Werkzeuge (zur Nachverfolgung des Surfverhaltens) von den Webseiten, die der Anwender besucht entfernt (so weit kennt man das auch von den gängigen Browsern), sondern zusätzlich – und jetzt kommt die Geschäftsidee: durch neue Werbung ersetzt.
Letztere Funktion nennt sich Ad-Replacement und soll an/abschaltbar sein.
Die ’neue‘ Werbung wird anhand der Browser-Historie (besuchte Seiten werden nach Themen kategorisiert und daraus Interessen abgeleitet) zielgerichtet benutzerspezifisch eingeblendet. Die Ersatzwerbung soll zudem möglichst ‚fair‘ sein, also keine Popups, Tracker etc. enthalten.
Zugriff auf echte Nutzerdaten sowie das eigentliche Surfverhalten sollen die Werbetreibenden über Brave nicht bekommen. Ebenso schließt Eich – zumindest für den Moment – aus, das Werbetreibende durch Zuzahlungen den Adblocker umgehen können. Eine mögliche Ausnahme lassen die FAQs (Punkt 16) aber bereits erkennen: Zukünftig sollen Webseitenbetreiber ihre Anzeigen als „direkt verkauft“ markieren können. Daraufhin wird Brave die Anzeigen vermutlich durch lassen.
Anwender des neuen Open-Source Browsers sollen von bis zu 60% schnelleren Ladezeiten und erhöhter Sicherheit profitieren.
Die Beschleunigung soll dadurch zustande kommen, dass Werbung und Tracking-Code aus Webseiten entfernt wird. Objektiv gesehen, muss der Browser den Code / die Daten allerdings erst einmal laden, um sie als Werbung oder Tracking zu erkennen. Daher finde ich persönlich diese Aussage fragwürdig. Sicher wird die Webseitendarstellung an sich schneller und flüssiger, da weniger Inhalte zu zeichnen und Informationen zu verarbeiten sind, aber die tatsächlichen Ladezeiten und Surfgeschwindigkeiten werden nicht kürzer/besser ausfallen als mit einem herkömmlichen Browser, der ein vernünftiges Ad-Block Plugin nutzt.
Die erhöhte Sicherheit soll neben der bereits genannten Unterdrückung von Tracking-Inhalten sowie (potentielle Malware-)Anzeigen durch eine Funktion namens „HTTPs everywhere“ gewährleistet werden. Diese Funktion versucht Webseiten, die HTTPS, also SSL Verschlüsselung, unterstützen, auch vorrangig über dieses Protokoll abzurufen, selbst wenn der Anwender oder die Webseite dies nicht explizit tut. – Die Inhalte sollen also, wenn möglich, immer verschlüsselt übertragen werden.
FAZIT
Alles in allem bleibt abzuwarten, ob sich der neue Browser durchsetzen kann. Die genannten Vorteile, sind auch jetzt schon mit anderen Browsern und passenden Addons zu bekommen.
Wer einen Adblocker nutzt, macht das idR. nicht, um Werbung durch Werbung zu ersetzten (vielleicht noch eher durch Katzenfotos), sondern um die Webseite ganz ohne störendes Beiwerk zu genießen.
Der Anzeigenerlös der durch Brave eingestreuten „Ersatzanzeigen“ geht nicht an die Webseitenbetreiber sondern an den Browserhersteller. Das dürfte den wenigsten Betreibern gefallen.
Will man den Webseiten ihren Verdienst lassen, unterstützen auch heute schon zahlreiche Werbeblocker das sog. „Fair-Adblocking“ (also das Durchlassen bestimmter, sicherer und nicht störender Werbung). Andere Webseiten erkennen den Ad-Blocker und verweigern, wie BILD.de gleich ganz den Dienst. Das wird auch mit Brave nicht anders sein.
Unter iOS wird der Browser zudem mit ziemlicher Sicherheit auf Safari (und nicht Chromium wie der Hersteller behauptet) aufbauen, da Apple andere Browser-Engines unter iOS nicht zulässt.